Der Begriff „Schulatlas“ weckt bei vielen Menschen sicherlich zuallererst Assoziationen mit dem Diercke Weltatlas, der seit seiner 1. Auflage 1883 deutsche Schüler und Schülerinnen durch die wei-terführende Schule begleitet. Der hier vorliegende Schulatlas erschien bereits knapp ein Jahrhundert früher, nämlich 1791 und 1792, in Österreich. Er stammt vom Wiener Verleger, Kartografen und späteren Schriftsteller Franz Johann Joseph von Reilly (1766–1820). Nach einigen Jahren im Staatsdienst wandte Reilly sich der Kartenherstellung zu. Zwischen 1789 und 1806 brachte er den Atlas Schauplatz der fünf Theile der Welt heraus, der auf seinen 830 Blättern allerdings schlussendlich nur Europa behandelte. Im Gegensatz zur Konkurrenz wählte Reilly ein kleineres und somit handlicheres Kartenformat, was seinem Atlas zu einem erheblichen Verkaufserfolg verhalf. Mit einer beachtlichen Produktion von mindestens einer Karte pro Woche hatte sich sein Verlag um die Jahrhundertwende eine herausragende Stellung in der aufstrebenden Wiener Kartographie-Szene erarbeitet. Neben dem Schauplatz und Auszügen daraus veröffentlichte Reilly unter anderem den weltweit ersten Postrouten-Atlas (1799, 40 Karten) und auch den ersten österreichischen Schulatlas (1791/92).

Der Schulatlas enthält 42 Landkarten mit deutscher und teilweise lateinischer Beschriftung und soll, wie das Titelblatt verkündet, „den fünf Theilen der Erdbeschreibung zum Gebrauche der studiren-den Jugend in den kaiserlichen königlichen Staaten auf das genaueste angemessen“ sein. Die meisten Karten konzentrieren sich auf Europa, doch es gibt auch je eine Karte zu Asien, Afrika und Amerika. Hier und da finden sich in den Karten Hinweise auf wichtige zeitgenössische Ereignisse. So vermerkt Reilly beispielsweise auf der ersten Schulkarte, einer Weltkarte mit östlicher und westlicher Halbkugel, am nördlichen Polarkreis: „Eisfelder – Bis hierher kam Capt. Cook den 25 Aug. 1778“.

Neben der Österreichischen Nationalbibliothek ist die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen die einzige öffentliche Einrichtung im deutschsprachigen Raum, die ein Exemplar des Schulatlasses besitzt.