GSB 7.1 Standardlösung

Ausgewählte Erwerbungen der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

(1701 - 1800)

Franz Johann Schultz: Abbildung der inn- und ausländischen Bäume, Stauden und Sträuche, welche in Oesterreich fortkommen

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„War je was Rühmliches von einer grossen ehrwürdigen deutschen Nation unternommen, so war es gewiß die seit 44 Jahren her üblich gewordene Anpflanzung und Angewöhnung nordamerikanischer Bäume, Stauden und Sträucher unter unsern Himmelsstrich (…).“ Mit diesen Worten leitet Franz Josef Schultz sein dreibändiges Werk über die Flora Österreichs ein, das von 1792 bis 1804 in mehreren Lieferungen erschien. Was zunächst wie die Übertreibung eines Pflanzenliebhabers klingen mag, führt bei näherer Betrachtung eine damals aktuelle Problematik vor Augen: Zahlreiche Landstriche der Habsburgischen Erblande waren durch Kriege, Schädlinge und besonders durch den steigenden Holzbedarf aufgrund der beginnenden Industrialisierung und des Bevölkerungswachstum entwaldet. Um einer Holzkrise entgegenzuwirken, empfahl Schultz die Einführung nordamerikanischer Baumarten, die gegenüber den einheimischen Eichen und Buchen Vorteile wie eine größere Unempfindlichkeit gegenüber Schädlingen oder schnelleres Wachstum hätten.

Schultz sah jedoch wirtschaftliches Potential nicht nur in nordamerikanischen Bäumen. So ließe sich beispielsweise das Holz des Alpenmehlbeerbaumes (Sorbus chamaemespilus) hervorragend für Zähne an Mühlrädern nutzen, der haarige Ginster (Genista pilosa) könne als Futter für Schafe und der syrische Seidenstrauch (Asclepias syriaca) der Papier- und Zuckerherstellung dienen. Er warnte besonders davor, dass der Umgang mit Pflanzen zu „Spielwerk“ verkommen und der „wahre Nutzen verlohren gehen“ könnte: Pflanzen sollten nicht nur der Gartendekoration dienen, sondern ihre Anpflanzung müsse auf eine „zweckmäßige Beschäftigung“ abzielen.

Schultz verstand sein Werk als work in progress und wünschte sich die aktive Teilnahme seiner Leser in Form von Nachrichten über seltene Pflanzen und durch Hinweise auf den optimalen Anbau und die Veredelung der vorgestellten Pflanzenarten. Mit 100 kolorierten Kupferstichen detaillierter Pflanzenabbildungen je Band nebst Beschreibungen zu äußeren Merkmalen der jeweiligen Pflanze, Anweisungen zur Kultivierung sowie Beispielen zur Verwendung wollte Schultz sein Werk als Leitfaden für Beschäftigte der Forstwirtschaft und des Gartenbaus verstanden wissen. Im Anhang eines jeden Bandes finden sich noch zehn bzw. elf kolorierte Kupfertafeln mit zahlreichen Abbildungen von blätterlosen Zweigen der zuvor vorgestellten Pflanzen. Im Herbst 2016 konnte ein vollständiges Exemplar dieses seltenen Werkes von der SUB Göttingen erworben werden.