Ausgewählte Erwerbungen der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
(1701 - 1800)
S. L. Hegrad: Geographisches Spiel für die Jugend
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Das "Geographische Spiel für die Jugend" von S. L. Hegrad besteht aus 30 (von ursprünglich 32) gestochenen und kolorierten Spielkarten in einem zweiteiligen Schuber. Dazu gehören zwei Duodez-Bände, die die Spielanleitung und weiterführende geographische und politische Informationen zu den Karten in deutscher und französischer Sprache enthalten. Auf den Spielkarten sind die geographischen Umrisse jeweils eines europäischen Staates abgebildet. Das Spielprinzip ist relativ einfach, wie die Anleitung erläutert: Ein Spieler "macht durch das Ausspielen einer Karte, von der er sich zu befreyen wünschet, den Anfang, der nächstfolgende muss alsdenn das nächst angränzende Land darauflegen: kann er nicht, so wird er für dießmal übergangen […]". Die größeren Staaten – die Quadratmeilen sind auf den Karten angeführt – stechen die kleineren Staaten, weitere Karten von Kontinenten und der gesamten Weltkugel dienen als Joker. Gewonnen hat, wer als Erster keine Karten mehr in Händen hält.
Über den Autor ist nichts bekannt. Johann Georg Meusels "Gelehrtes Teutschland" ordnet das Werk im 4. Nachtrag zur 4. Ausgabe 1791 dem Wiener Schriftsteller Friedrich Hegrad (1757–1809) zu, korrigiert diesen Eintrag dann in der 5. Ausgabe (Bd. 3, 1797) aber nur insoweit, als mit einem Sternchen kenntlich gemacht wird, dass dieses Werk unter einem anderen Namen veröffentlicht wurde. Zwar hatte Friedrich Hegrad anonym oder unter anderen Namen veröffentlicht, so z. B. als Gottlieb Herze oder als Veit Dorn von Dornbusch, doch hatte es sich dabei um Schriften gehandelt, in denen er antiklerikale Ansichten geäußert hatte. Der Wiener Statistiker und Publizist Ignaz de Luca (1746–1799), ein Zeitgenosse Hegrads, charakterisierte ihn in seinem Werk "Wiens gegenwärtiger Zustand unter Josephs Regierung" (1787) als "durch Gedichte und Romanzen bekannt". Da sich Friedrich Hegrad nicht mit kartographischen Themen befasst hat, ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich bei S. L. Hegrad und Friedrich Hegrad um ein und dieselbe Person handelt.
S. L. Hegrad hatte die hier vorliegende erste Ausgabe seines Werkes durch Bezahlung im Voraus, die im 18. Jahrhundert verbreitete "Pränumeration", finanziert und zugesagt, dass das Spiel am 1. September 1783 erscheinen werde. Am 19. August 1783 teilte er seinen Pränumeranten über die Tageszeitung "Das Wienerblättchen" jedoch mit, dass sich die Veröffentlichung noch bis Ende September hinziehen werde, da ihn bislang "wichtige Vorfälle daran gehindert" hätten. Kurz darauf muss das Spiel dann tatsächlich erschienen sein, denn am 9. März heißt es in einer Rezension in der "Realzeitung der Wissenschaften, Künste und der Kommerzien": "Gegenwärtiges geographisches Spiel, wovon die Erfindung so einfach, die Absicht so nützlich, und die Ausführung rühmlich ist, wird jedem Freund der Erdbeschreibung angenehm sein."
1788 erschien eine zweite Ausgabe des Spiels. Die über die Sammlung Deutscher Drucke erworbene Erstausgabe von 1783 war bislang weltweit nicht nachgewiesen.