GSB 7.1 Standardlösung

Ausgewählte Erwerbungen der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

(1601 - 1700)

Voigt, Johann Heinrich:
Johann Heinrich Voigts/ Königl. Schwed. Mathem. zu Stade/ Alter und Neuer Hauß- Feld- und Garten-Calender/ Auff das 1688. Jahr Christi : Auff die grentzen Des Vor- und Hinter-Pommerischen Horizonts gerichtet : Darinnen der übrige Raum mit Hauß- Feld- Artzney- und Garten-Verrichtungen angefüllet/ nebst einem Anhang der sonderbahresten Kriegs- und Welt-Händel/ von Anno 1684. biß zum Ende des 1686sten Jahres. - Stolp : Eysentraut ; Alten Stettin : Höpfner, [1687]. - [28] Bl.(Erworben von der Herzog August Bibliothek, Signatur Xb 11089)

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Titelblatt Voigt, Johann Heinrich:
Johann Heinrich Voigts/ Königl. Schwed. Mathem. zu Stade/ Alter und Neuer Hauß- Feld- und Garten-Calender/ Auff das 1688. Jahr Christi : Auff die grentzen Des Vor- und Hinter-Pommerischen Horizonts gerichtet : Darinnen der übrige Raum mit Hauß- Feld- Artzney- und Garten-Verrichtungen angefüllet/ nebst einem Anhang der sonderbahresten Kriegs- und Welt-Händel/ von Anno 1684. biß zum Ende des 1686sten Jahres. - Stolp : Eysentraut ; Alten Stettin : Höpfner, [1687]. - [28] Bl.(Erworben von der Herzog August Bibliothek, Signatur Xb 11089)

Der 28 Blätter umfassende in Rot und Schwarz gedruckte Schreibkalender für das Jahr 1688 besteht aus einem kalendarischen Teil (Haus-, Feld- und Gartenkalender) sowie einem Prognosticon mit monatlichen Wettervorhersagen und Informationen zu zukünftigen astronomischen Ereignissen wie einer partiellen Sonnenfinsternis am 15. April 1688. Mit Blick auf den Autor Johann Heinrich Voigt, Mathematiker und Astronom, ist die exakte Vorhersage der partiellen Mondfinsternis von besonderem Interesse. Voigt selbst gehörte zu den wohl erfolgreichsten Kalenderschreibern seiner Zeit. Der auch unter dem Pseudonym Johann von VoigtsBurg bekannte Kalendermacher wurde 1613 in Rudolstadt geboren. Sein Vater war der Buchbinder Hans Voigt (†1620) und auch Johann Heinrich Voigt erlernte zunächst das Buchbinderhandwerk. Seinen ersten Schreibkalender verfasste Voigt 1637. Neben seinen Honoraren für Schreibkalender verdiente Voigt sein Geld auch mit der Erstellung von Nativitäten (Geburtenkalendern). Wie erfolgreich Voigts Kalender waren, zeigt sich neben seiner Anstellung als Mathematiker und Astronom am schwedischen Hof ab 1665 unter Karl XI auch daran, dass Voigt 1686 nach einer Audienz bei dem schwedischen König erreichte, dass ihm bis in das Jahr 1700 (bis in dieses Jahr hatte Voigt seine Kalender bereits vorbereitet) eine Pension von 200 Reichstalern gezahlt werden sollte.

Ebenfalls im Schreibkalender finden sich ein Anhang mit Zusammenfassungen und Berichten über herausragende Ereignisse der Jahre 1684, 1685 und 1686. So werden auf mehreren Seiten die zwei Belagerungen der Stadt Ofen (1684/1686) durch kaiserliche Truppen geschildert, die Belagerung von Santa Maura (1684) beschrieben sowie über den großen Stadtbrand von Altendresden 1685 berichtet.

Im kalendarischen Teil finden sich dagegen primär praktische Informationen und Hinweise aus den Bereichen Haus, Feld, Garten und der Medizin. Zu jedem Monat gibt es am unteren rechten Teil einer jeden Rectoseite eine konkrete Handlungsempfehlung bzw. ein Motto zur Gestaltung des Alltags im jeweiligen Monat. Der Kalender des Jahres 1688 steht ganz unter dem Zeichen des „Tobak“; ein Holzschnitt einer Tabakpflanze ziert die Seite des Monats Januar. Neben Hinweisen zu konkreten Verarbeitungsmöglichkeiten finden sich Erläuterungen zur medizinischen Wirkung der Pflanze. Hierbei ist von Interesse, dass auch die Kalender des Jahres 1686 und 1687 unter diesem Motto standen, wobei der Wortlaut der Einleitung zum „Tobak“ 1686 und 1688 identisch sind und 1687 sogar betont wird, dass es keine weiteren Erläuterungen zum Tabak mehr geben werde und Voigt selbst den Tabak nicht möge.

Auch die Provenienz dieses Exemplars ist bemerkenswert. Auf der Titelseite sind ein handschriftliches Monogramm (AF) und ein Stempel (Gross-Herzogl. Privat Bibliothek, gemeint ist die Großherzogliche Bibliothek Neustrelitz) zu sehen, welche anhand der verschiedenen Eintragungen im Schreibkalender auf Adolph Friedrich II. zu Mecklenburg-Strelitz schließen lassen. Adolf Friedrich hat in diesem Kalender beispielsweise eine Notiz über das Ableben seines Schwagers (Karl zu Mecklenburg) am 15. März 1688 verfasst („Printz Carl gestorben zwischen 8 und 9 Uhr abendts“). Das Ableben Karls sollte für einen Erbfolgestreit sorgen, welcher erst 1701 mit dem Hamburger Vergleich beigelegt werden konnte. Ebenfalls wurde der Schreibkalender von Adolph Friedrich II. genutzt, um seine Reisetätigkeit festzuhalten. So notierte er am 13. Januar 1688 „wieder von Paris gekommen“. Somit reiht sich dieser seltene Schreibkalender bezüglich Inhalt und Benutzung in die frühneuzeitliche Tradition der Dokumentation von Alltags- und Fachwissen, astronomischen Berechnungen und Vorhersagen in Kombination mit der gezielten Erfassung der persönlichen Gegenwart (hier: Reisetätigkeit und dem Ableben des Schwagers) ein.