Ausgewählte Erwerbungen der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
(1601 - 1700)
Otto Friedrich von der Gröben: Orientalische Reise-Beschreibung/ Des Brandenburgischen Adelichen Pilgers Otto Friedrich von der Gröben. Marienwerder: Simon Reiniger der Jüngere 1694. VD17 23:755344H. Daran: Ders.: Guineische Reise-Beschreibung. Nebst einem Anhange der Expedition in Morea. Marienwerder: Simon Reiniger der Jüngere 1694. VD17 39:131429B.
Erworben von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Signatur Xb 11186 (1) und (2)
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Eines der wichtigsten Selbstzeugnisse in Verbindung mit der frühen deutschen Kolonialgeschichte konnte in einer bislang unbekannten Druckvariante erworben werden. Der aus Ostpreußen stammende Otto Friedrich von der Gröben (1657–1728) machte eine bewegte Karriere als Abenteurer, Höfling und Kolonialverwalter in brandenburgisch-preußischen Diensten. Seine erste große Reise 1673–1681 führte ihn zunächst im Dienst eines polnischen Obersten nach Italien und Malta, wo er sich einem Seefeldzug gegen die Türken anschloss, es folgten eine Pilgerfahrt ins Heilige Land und eine mehrjährige Rückreise durch zahlreiche Länder. Hierbei besuchte er auch Ägypten und liefert eine Beschreibung der Pyramiden. Als Kammerjunker in den Dienst des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm in Berlin getreten, bekam er 1682 die Leitung einer Expedition mit zwei Schiffen zur Etablierung einer Kolonie an der afrikanischen Westküste übertragen. Gröben gelang es während des 18-monatigen Unternehmens trotz erheblicher Schwierigkeiten insbesondere durch das grassierende Fieber, das Fort Groß-Friedrichsburg im heutigen Ghana zu errichten und damit eine kurbrandenburgische Kolonie zu etablieren, die bis 1718 Bestand hatte. Die Einkünfte der zeitweise lukrativen Kolonie beruhten zu einem großen Teil auf dem transatlantischen Menschenhandel. Gröben widmete sich in seinen späteren Jahren im Wesentlichen der Bewirtschaftung seiner Güter bei Marienwerder in Ostpreußen (heute Kwidzyn). Besonderen Anteil nahm er an der Drucklegung seiner beiden Reiseberichte, für die er eigens den Buchdrucker Simon Reiniger aus Elbing eine Offizin einrichten ließ. Die beiden Drucke von 1694 bilden zusammen die einzige vollständige Ausgabe der beiden Texte. Sie erschienen in verschiedenen Varianten, teils mit, teils ohne die Widmung an Kurfürst Friedrich III. Der vorliegende Band enthält eine neue, unikale Variante des ersten Reiseberichts, während der zweite in zehn Exemplaren im VD 17 nachgewiesen ist. Die zahlreichen Kupferstich-Illustrationen sind von guter Qualität, während sie in anderen Exemplaren teils nicht richtig durchkommen; allerdings sind bei der Bindung im 19. Jahrhundert fünf fehlende Kupferstiche als Faksimile ergänzt worden. Gröben berichtet anschaulich und wortreich; zahlreiche Zitate zeugen sowohl von seiner klassischen Gelehrsamkeit (er besuchte als Protestant ein Jesuitengymnasium) als auch von eingehender Lektüre jüngerer Reiseberichte. Als Motivation führt er die eigene Reiselust ebenso an wie das Bedürfnis, es den Vorfahren seines alten Adelsgeschlechts gleich zu tun. Als Adressaten nennt er seine eigene Familie und Verwandtschaft; dem Großen Kurfürsten übereignete er Jahre vor der Drucklegung eine Abschrift der Orientalischen Reisebeschreibung in einem mit Perlen bestickten Einband.