GSB 7.1 Standardlösung

Ausgewählte Erwerbungen der Bayerischen Staatsbibliothek München

(1450 - 1600)

Caspar Neff: Ein kostliche Schatzkamer der schreibkunst und Cleinott der Cantzley unnd ander schreiber: Ein seer Zierlich kunstreich Buchlein von mancherhandt schonen artlichenn aus rechtem grund Zusamen gesetzten schrifften […]. – Thesaurarium artis scriptoriae et cancellariae scribarumque clenodium pretiosum libellus plane aureus varia ex vero deprompta fundamento scripta continens antea non visa nunc primum in lucem aedita. – Köln, Thomas von Wierdt, 1571. – 2 Titelholzschnitte, 16 und 8 Bl. mit Holzschnitten.
(Erworben von der Bayerischen Staatsbibliothek München, Signatur: Res/4 Graph. 511 b)

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Titelblatt Caspar Neff: Ein kostliche Schatzkamer der schreibkunst und Cleinott der Cantzley unnd ander schreiber"

„Schreibmeisterbücher“, die ihre Blütezeit im 16. und 17. Jahrhundert erlebten, dienten als Schriftmusterbücher zum Erlernen und Üben von Schriften beispielsweise für das Verfassen von Urkunden in Kanzleien oder auch zur Anfertigung privater Korrespondenzen. Im Holzdruckverfahren angefertigte Reproduktionen verschiedener Schriften verdeutlichten, dem jeweiligen Zweck und Anlass entsprechend, die unterschiedlichen Schreibformen und kalligraphischen Ausformungen der Schriftmuster.

Das erste bekannte deutschsprachige Schreibmeisterbuch stammt von Johann Neudörfer und wurde 1519 in Nürnberg gedruckt.
Da es sich hierbei um alltägliche Gebrauchsliteratur handelt, haben sich kaum Exemplare erhalten. Bei dem bislang unikal vorliegenden Schreibmeisterbuch des Schriftmeisters und Kalligraphen Caspar Neff handelt es sich vermutlich um die zweite Ausgabe, die in Köln 1571 gedruckt wurde. In erster Auflage erschien dieses Lehrbuch bereits im Jahr 1549.

Die „Schatzkamer der schreibkunst“ enthält im ersten auf Deutsch gehaltenen Teil Schriftbeispiele und Vorlagen der Frakturschrift in verschiedenen Größen, der Kurrentschrift, „ein annder runde Currentschrifftlein vür die Caufleuthe dienlich“ sowie der Kanzleischrift wie sie „inn Kayserlicher Maiestat Canntzley gedruckt wirdett“. Weitere Schriftbeispiele, darunter auch ein Exempel aus Neudörfers Werk sowie Abbildungen der jeweiligen Alphabetschrift, vervollständigen den ersten Teil. In einem zweiten Teil werden lateinische, italienische, niederländische und französische Schriften mit entsprechenden Textbeispielen widergegeben.

Über den Schriftmeister und Kalligraphen Caspar Neff ist nur wenig bekannt. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts veröffentlichte er in Köln die erste Ausgabe seines Schriftmeisterbuchs, die er dem Rat der Stadt Köln widmete. Nachdem er sich der reformatorischen Bewegung angeschlossen hatte, wurde er zunächst in Haft gesetzt und schließlich aus der Stadt Köln verwiesen.