Ausgewählte Erwerbungen der Bayerischen Staatsbibliothek München
(1450 - 1600)
Jan van der Noot: Theatrum, das ist Schawplatz darein die eitelheit der jrdischen vnnd vergencklichen dingen und die ubertreffenlichste Gottliche und Himlische sach getzeigt wird […] erstlich in Brabandisch beschrieben, jetz aber in Oberlendisch Teutsch ubergesatzt, durch Balthasarn Froe Rechenmeistern zu Cöln. [Köln : Gottfried Cervicornus d. J.], 1572. – 20 emblematische Textholzschnitte, Holzschnittporträt, Holzschnittbordüren.
(Erworben von der Bayerischen Staatsbibliothek München, Signatur: Res/P.o.rel. 8210 i
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Der flämische Dichter Jan van der Noot (1539-1595) gilt als wichtigster Wegbereiter der niederländischen Renaissanceliteratur in den Spanischen Niederlanden. Van der Noot stammte aus Brecht in der Flämischen Region Belgiens. 1558 zog er nach Antwerpen, von wo aus er 1567 nach der Niederschlagung der calvinistischen Revolte nach England fliehen musste. Bevor er 1578 wieder nach Antwerpen zurückkehren konnte – und sich später dem katholischen Glauben anschloss –, führte ihn sein Weg 1571 von England aus nach Frankreich und 1572 nach Deutschland.
Bekannt wurde van der Noot insbesondere als Autor von „Het Bosken“, das 1570 erstmalig in London erschien sowie mit seinem Erstlingswerk „Het Theatre oft Tooneel“, das 1568 sowohl in einer niederländischen als auch in einer französischen Fassung bei John Daye in London erschien. 1569 folgte die englische Übersetzung, ausgeführt von Edmund Spenser, die in der Offizin von Henry Bynneman entstand.
Die Erstausgabe der deutschen Übersetzung, die Balthasar Froe wortgetreu nach der niederländischen Erstausgabe ausführte, wurde 1572 publiziert. Das Werk enthält eine Folge von Sonetten mit 20 jeweils ganzseitigen Holzschnittemblemen nach der von Marcus Theeraerts d. Ä. ausgeführten Vorlage für die niederländische Ausgabe mit Holzschnittzierleisten auf allen Seiten. Sechs der Sonette stellen eine freie Übersetzung von Petrarcas „Morte di Madonna Laura“, dar, elf stammen aus Joachim du Bellays Sammlung von Sonetten unter dem Titel „Songe“ und vier basieren auf Auszügen aus der Apokalypse. Den Abschluss bildet ein Prosatext in dem die Vergänglichkeit des Irdischen dem himmlischen Reich gegenübergestellt wird.
Dieses äußerst seltene Emblembuch war bislang nicht in einer deutschen Bibliothek und auch nicht im VD 16 verzeichnet. Es stammt aus der Sammlung des ersten Präsidenten des Grolier-Clubs, Robert Hoe. Der blaue Maroquin-Einband mit reicher Goldstempelprägung, Steh- und Innenkantenvergoldung wurde wohl von Marcellin d. J. und Paul Lortic angefertigt, die als „Lortic Frères“ firmierten.