Ausgewählte Erwerbungen der Bayerischen Staatsbibliothek München
(1450 - 1600)
fil gût iar. – Deutschland, ca. 1460-1470. – Anonymer xylographischer Einblattdruck, altkoloriert.
(Erworben von der Bayerischen Staatsbibliothek München, Signatur: Xylogr. 90
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Gelegenheitsdrucke wie dieser Neujahrswunsch des 15. Jahrhunderts haben sich nur selten erhalten. Von dem vorliegenden Exemplar sind weltweit bislang nur noch zwei weitere Exemplare in der Bibliothèque nationale de France in Paris und im Metropolitan Museum of Art in New York nachweisbar.
Abgebildet ist das auf einem Kissen sitzende Jesuskind mit Kreuznimbus, das einen Papagei in den Armen hält und an seine Wange schmiegt. Zu seinen Füßen findet sich ein Henkelkorb mit Blumen, aus dem sich ein Spruchband mit dem Neujahrswunsch “fil god iar” ringelt. Daneben steht eine Schachtel mit Naschwerk, an dem sich Kaninchen gütlich tun bzw. spielen.
Die Korallen um den Hals und die beiden Handgelenke des Jesuskindes dienten dem Volksglauben zufolge zur Abwehr von Unheil aller Art. Der Papagei wiederum verweist auf die Geburt des Jesuskindes durch die Jungfrau Maria, die den Neubeginn allen Lebens und den eines Jahres symbolisiert.
Derlei farbenfroh dargebrachte Neujahrswünsche in Blattform dienten als Geschenkgabe zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertag und Epiphanias (Heilig Drei Könige), der “Zeit zwischen den Jahren”. Sie sollten dem Beschenkten ein gutes neues Jahr bescheren – ein Brauch, der sich in abgewandelter Form bis heute erhalten hat. Einen einheitlichen Neujahrstermin gab es im westlichen Kulturraum zunächst nicht. Erst im Jahr 1691 legte Papst Innozenz XII. den Beginn eines neuen Jahres auf den 1. Januar fest. Sei es in Form einer Neujahrskarte oder aber mündlich formuliert, mit dem Jahreswechsel gilt der Wunsch: Ein gutes neues Jahr!