Buch des Monats November 2024:
Lothar Meggendorfer: Die Frau "Bas". Humoristisches Album mit über 4000 Verwandlungen. - Eßlingen [u.a.] : Schreiber, [1899].
(Erworben von der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Signatur: 53 BB 501524 R)
Den Leserinnen und Lesern der v.a. im 19. Jahrhundert äußerst populären Zeitschrift Die Gartenlaube, des ersten deutschen Massenblatts, wurden in der Weihnachtsausgabe 1899 verschiedene Titel für den „Weihnachtsbüchertisch“ angepriesen: „I. Für die Jugend. Ein gutes Buch, ein guter Freund! Selbst unsere Kleinen wollen nicht ohne diese freundliche Kameradschaft sein und begrüßen sie, wenn die Weihnachtstanne brennt, mit dem Gepatsch der Händchen. […]“.
Unter diesen Empfehlungen befand sich auch folgendes, heute sehr rares Spielbilderbuch: „Besonders aber werden die Bilderbücher dieses Verlags [i.e. J. F. Schreiber, Eßlingen], die mit beweglichen Figuren ausgestattet sind, das Entzücken weitester Kinderkreise sein, das humoristische Album „Die Frau Bas“ von Lothar Meggendorfer, das mit seinen dreifach zerschnittenen Blättern die Zusammenstellung von viertausend verschiedenen Köpfen, hübschen und häßlichen, gestattet, […].“ Aus: Die Gartenlaube (1899) S. 831
![Lothar Meggendorfer: Die Frau "Bas". Humoristisches Album mit über 4000 Verwandlungen. - Eßlingen [u.a.] : Schreiber, [1899]. (Erworben von der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Signatur: 53 BB 501524 R)](/Webs/agsdd/SharedDocs/Bilder/DE/ausgewaehlteErwerbungen/1871-1912/sbbLotharMeggendorfer.jpg?__blob=poster&v=5)
Vorderdeckel des Buches „Die Frau Bas“. Karikatur einer Frau, es können jeweils Stirn und Hut, Augen und Nase sowie Kinn und Schultern separat umgeblättert werden.
Erwähnt wurden zudem drei weitere Titel aus der Feder Lothar Meggendorfers (Der Verwandlungskünstler, Bubenstreiche, Im zoologischen Garten). Diese befanden sich bereits sämtlich im Bestand der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin. Die Frau Bas fehlte.
Die Werke Lothar Meggendorfers erfreuen sich heute auf dem internationalen Antiquariatsmarkt großer Beliebtheit, gilt der Illustrator, Karikaturist, Kinderbuchautor und Tüftler doch als Vorbild für die Gestaltung beweglicher Bilderbücher. Als Lothar Meggendorfer (1847-1925) zum Weihnachtsfest 1878 ein erstes bewegliches Bilderbuch als Geschenk für seine Kinder bastelte, waren Bilderbücher mit beweglichen Elementen zwar bereits bekannt, Meggendorfer aber perfektionierte das Spielbilderbuch. Als ausgebildeter Mechaniker entwickelte der einstmalige Student der Münchener Kunstakademie weitere Zieh- und Drehmechanismen, nutzte Aufstell-, Ausfalt-, Klapp- und Leporellotechniken, um seine Spiel- und Verwandlungsbilderbücher zu gestalten. Insgesamt schuf er 29 Ziehbilderbücher, vier Verwandlungsbücher sowie acht Klappbilderbücher. Viele seiner Titel wurden auch in englischer und französischer Sprache gedruckt.
In den USA erfreut sich Meggendorfer besonderer Beliebtheit; so verleiht z.B. die Movable Book Society den Meggendorfer Prize als Auszeichnung für herausragende Spielbilderbücher, Künstlerbilderbücher mit beweglichen Elementen sowie für Nachwuchs-Paper-Engineers.
Obgleich viele seiner Bücher in Auflagen von 30.000 Exemplaren gedruckt wurden, gelten einige Werke Meggendorfers heute als ausgesprochen selten, darunter auch der hier vorgestellte Titel Die Frau Bas. Die Kinder- und Jugendbuchabteilung hatte vor wenigen Jahren schon einmal auf dem Antiquariatsmarkt ein Exemplar entdecken und bestellen können. Beim Eintreffen des Bandes stellte sich dann aber heraus, dass fleißige, allerdings noch ungelenke Kinderhände die Seiten als Ausmalbuch genutzt und für die Kolorierung gesorgt hatten. Da es sich nicht nur um einige wenige Einzeichnungen, sondern eher um ein frühkindliches Monumentalwerk handelte, wurde der Band schweren Herzens zurückgesandt. Erst jüngst konnte nun ein gut erhaltenes Exemplar im originalen Halbleineneinband erworben werden. Die sechzehn zarten Farblithografien, unterteilt in drei Streifen (Kopfbedeckung, Augen-/Nasenpartie, Kinn- und Schulterbereich), laden in damals bereits bekannter Manier (Die lustige Tante, 1891; Der fidele Onkel, 1891) zum Blättern und irrwitzigen Kombinieren ein. Die Funktionsweise wurde von der Newberry Library in einem kleinen Clip festgehalten, der auf Facebook eingesehen werden kann.
Galerie
Lothar Meggendorfer: Die Frau "Bas". Humoristisches Album mit über 4000 Verwandlungen. - Eßlingen [u.a.] : Schreiber, [1899].
(Erworben von der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Signatur: 53 BB 501524 R)
Bild / Video 2 / 3
Kombination aus dem Buch „Die Frau Bas“. Karikatur einer Frau, es können jeweils Stirn und Hut, Augen und Nase sowie Kinn und Schultern separat umgeblättert werden.
