Buch des Monats Februar 2025:
Ein gerechtes außgerechnetes Weinbüchlein/ nach Ober- vnd Vnder-Bodenseer/ Rheinthaler/ Thürgöwer vnd aller vmbliegender Landschafften/ Müntz vnd Maß gerichtet/ das Fuder p.16. fl. vnd mit I. auffgestiegen biß 160. fl. Darinnen behend zufinden/ was die Quart/ Viertel/ halb vnd gantz Aimer/ auch 2.3.4.5.6.7.8..9.10.20. Aimer kosten. Sam[m]t einer Verwechselung der Pfund Pfenning in Gulden. Alles auffs new mit Fleiß außgerechnet/ Allen Weinhändlern vn[d] Wirten zu gutem in diese geschmeidige Form gedruckt. [Erscheinungsort und Verlag nicht ermittelbar] 1647. VD17 23:759188W.
Erworben von der Herzog August Bibliothek, Signatur Xb 12° 629
Im Herbst 2024 versteigerte das Auktionshaus Reiss & Sohn wertvolle Bücher zum Thema Wein aus der Bibliothek von Friedrich Bassermann-Jordan (1872–1957). Der studierte Jurist und Betreiber eines renommierten Weinguts in Deidesheim veröffentlichte 1907 mit seiner „Geschichte des Weinbaus unter besonderer Berücksichtigung der bayerischen Rheinpfalz“ ein Grundlagenwerk dieses Wissensgebiets (2. Auflage 1923). Seit den 1890er Jahren sammelte er hierfür in Antiquariaten Quellenmaterial. Die HAB konnte für die Sammlung Deutscher Drucke 1601–1700 mehrere seltene Werke daraus ersteigern.
Weltweit bislang nicht nachgewiesen ist dieses „Weinbüchlein“ von 1647. Verfasser und Drucker sind unbekannt, ebenso die vorherige Ausgabe, die es nach dem Titelblatt gegeben haben muss. Laut dem Titel ist das Werk auf die Verhältnisse um den Bodensee ausgerichtet, es ist daher sehr wahrscheinlich, dass auch der Druckort hier zu suchen ist. Der Druck besteht aus zwei Teilen: In 160 Tabellen werden jeweils die möglichen Preise für verschiedene Mengen an Wein in Gulden, Kreuzern und Hellern angegeben. Es handelt sich nicht um reale Preise, sondern um Tabellen, die als Hilfsmittel zur Berechnung dienen konnten. Die erste Tabelle geht von einem Preis von einem Gulden für ein Fuder Wein aus, die letzte von 160, was man als den höchsten vorstellbaren Preis ansah. Für den Fall, dass der Preis noch höher steigt „welches GOtt lang verhueten wolle“ (S. 7), gibt der anonyme Autor den Hinweis, man solle mit der Tabelle für den halben Preis rechnen und dann verdoppeln; bei ungeraden Zahlen könne man zwei nebeneinander liegende Tabellen kombinieren. Eine eigene Tabelle erleichtert das Verdoppeln. Dass hier relativ einfache Rechenprinzipien erklärt werden, dürfte zum einen damit zusammenhängen, dass es sich um ein Hilfsmittel für die Praxis handelte, das von Wirten und Händlern in Verkaufssituationen benutzt wurde. Zum anderen bildete das nicht metrische Währungs- und Maßsystem eine Hürde: Wie eingangs erklärt wird, ist ein Gulden 60 Kreuzer wert, ein Kreuzer 8 Heller. Das Fuder Wein teilt sich in 30 Eimer, der Eimer in 4 Viertel, 16 Quart oder 32 Maß (S. 17). Hinzu kam die Umrechnung verschiedener Währungen. Der zweite Teil gibt Tabellen zur Umrechnung von „PfundPfenning“ in die bekannten Gulden. Ein Pfundpfennig entspricht einem Gulden, 8 Kreuzern und 4 Hellern. Die umgekehrte Konversion ist nicht vorgesehen, was den regionalen Bezug nochmals deutlich macht. Es handelt sich genau genommen also nicht um ein Weinbuch, sondern um ein Rechenbuch mit Bezug auf Wein. Durch praktische Anwendung und die Bindung an bestimmte Währungs- und Maßsysteme sind die Überlieferungschancen dieser Drucke äußerst gering, und es ist kein Zufall, dass es sich um einen unikalen Druck handelt. Nur wenige ähnliche Weinrechenbücher sind erhalten, teils vermischen sie den Wein mit anderen Handelsgütern. Ein weiteres Beispiel, das aus der Sammlung Bassermann-Jordan erworben werden konnte, ist Johannes Ludovicus: Vermehrte Weinrechen-Büchlein. Stuttgart: Metzler 1700 (Signatur: Xb 12° 631).