GSB 7.1 Standardlösung

Spiel, Spass, Zeitvertreib

Folgende ausgewählte Beispiele, die das breite Sammelspektrum der Sammlung Deutscher Drucke dokumentieren, werden in einer Ausstellung in der Schatzkammer der Bayerischen Staatsbibliothek München vom 18.9. bis 7.11.2014 gezeigt.

Modellbücher

Auch nach 25 Jahren gibt es immer noch ein Buch ...

Exponat der Deutschen Nationalbibliothek:

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Kindheit Exponat der Deutschen Nationalbibliothek:

Nürnberger Puppen-Stuben-Spiel-Buch: Nebst Beiwort u. Spielanweisung. - Oldenburg : Stalling, 1920. (Leporello-Steckbilderbuch ; 4 / Nürnberger Bilderbücher ; Nr. 1a). Signatur: SC 197 - 1a

Ein Aufklapp-Bilderbuch oder Popup-Buch (manchmal auch Stehauf-Bilderbuch oder Aufpoppbuch genannt) ist ein Buch, das beim Aufschlagen einer Seite ein durch Falttechnik integriertes Element „herausspringen“ und somit räumlich erscheinen lässt. Meistens wird der Effekt noch verstärkt, indem mithilfe von kleinen Papphebeln interaktiv in das Bildgeschehen eingegriffen werden kann. Zum Beispiel können Türchen geöffnet und geschlossen oder ein Element in Form einer Figur hin und her geschoben werden. Seit den 1860er-Jahren waren deutsche Künstler, Drucker und Verleger maßgeblich an der weltweiten Verbreitung dieses Buchtyps beteiligt. Gefördert wurde dies durch die seinerzeit in Deutschland entwickelten Druckverfahren, die eine hochwertige Wiedergabe farbiger Vorlagen erlaubten und die bis dahin übliche Handkolorierung ablösten. Neben den Autoren und Illustratoren spielten bei der Entwicklung und Herstellung Papieringenieure eine entscheidende Rolle (Quelle: Wikipedia). Das ausgestellte Buch wurde von Else Wenz-Viëtor gestaltet, einer der bekanntesten deutschen Bilderbuch-Illustratoren der 1920/30er-Jahre.

Spiele

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Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

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Seiten aus dem Buch: Thomas Murner : Doctor thomas Murners Narrenbeschweerung. Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

Thomas Murner : Doctor thomas Murners Narrenbeschweerung. – Straßburg : Johann Knobloch d. Ä., 1518. – [174] Blatt, Titelholzschnitt, zahlr. Holzschnitte. Signatur: Res/P.o.germ. 2093 r

Der Franziskanermönch Thomas Murner (1475–1537), einer der wichtigsten und wortgewaltigsten Gegner Luthers, wendet sich mit seiner in Reimpaaren verfassten Moralsatire gegen die vornehmlich mit Sebastians Brants „Narrenschiff“ hereinbrechende große Zahl an Narren: „Der Narren orden ist so groß, Das er füllt all weg und stroß, Dörffer, stett, flecken, landt. Die hat uns all sebastian brant, Mit bracht im narren schiff.“
Angereichert durch zahlreiche, der Bibel oder bekannten Schwanksammlungen entlehnter Sprichwörter und Redensarten schuf Murner ein eigenständiges Werk, das sich in seiner sprachlichen Schärfe und beißenden Kritik an der Gesellschaft und im Aufzeigen der Missstände deutlich von Brants Narrensatire abhebt.
Ausgehend von einer sprichwörtlichen Redensart resümiert ein Vierzeiler zu Beginn eines jeden Abschnitts die nachfolgende Kritik. Dabei werden nicht nur die Todsünden behandelt, sondern auch menschliche Laster und Torheiten in all ihren Ausprägungen aufgeführt.
Der vorliegende Holzschnitt zeigt einen Narren, der seine Würfel mit einem Hut zudeckt. Eine Erläuterung des betrügerischen Hütchenspiels, wie wir es heute noch mit der garantierten Aussicht auf Verlust der eigenen Barschaft vornehmlich von Tourismuszentren und Märkten kennen, darf in dem hier gezeigten Abschnitt „Under dem hietlin spilen“ keinesfalls erwartet werden. Vielmehr wendet sich Murner mit diesem Ausdruck, der heute als „ein verstecktes Spiel treiben“ gebräuchlich ist, gegen betrügerische und egoistische „Narren“, die aus Machtstreben und Geldgier eigene Interessen zum Nachteil der Mitmenschen durchsetzen und damit das Gemeinwohl und die Gesellschaft schädigen.

Mode

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Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

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Titelblatt des Buches: Andreas Musculus : Vom zuluderte[n], zucht und ehrerwegnen, pluderichten Hosen Teuffel, vermanung vnd warnung. Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

Andreas Musculus : Vom zuluderte[n], zucht und ehrerwegnen, pluderichten Hosen Teuffel, vermanung vnd warnung. – [Erfurt : Gervasius Stürmer], 1556. – [16] Blatt, Titelholzschnitt. Signatur: Mor. 1297 d

Über Geschmack und neue Modeerscheinungen lässt sich bekanntlich trefflich streiten. So wetterte der brandenburgische Superintendent und streitbare evangelische Theologe Andreas Musculus (1514–1581) in seiner 1556 erschienenen Predigt gegen den „Hosenteufel“, dem er die Verbreitung der Pluder- und Pumphosen zuschrieb. Mit diesem Werk erzielte Musculus ungewollt einen großen literarischen Erfolg als volkstümlicher Schriftsteller und wurde zum Hauptinitiator der sog. „Teufelsbücher“ seiner Zeit.
Die Mode der Pluder- und Pumphosen kam Mitte des 16. Jahrhunderts auf und wurde durch Söldner und Landsknechte verbreitet. Für die Herstellung eines solchen Kleidungsstücks wurden allein über drei Meter Stoff und insbesondere mehrere Meter kostbarer und teurer Futterseide benötigt, um zwischen zahlreichen Stoffstreifen die überweite Futterhose hervorquellen zu lassen. Ein aufgebauschter, überdimensionierter Latz vervollständigte dieses Outfit.
In acht Abschnitten geißelt Musculus den verschwenderischen Mode-Luxus und die damit einhergehenden Unsitten seiner Zeit: Indem sich die modesüchtigen Menschen dem äußeren Schein einer prächtigen Gewandung hingeben, wird dem Sittenverfall Vorschub geleistet und werden die Werte und Traditionen des eigenen kulturellen Umfeldes negiert. Gezeigt wird der Titelholzschnitt, der einen Landsknecht in üppigen Pluderhosen und in passender Begleitung von zwei grotesken Teufeln darstellt.