GSB 7.1 Standardlösung

Spiel, Spass, Zeitvertreib

Folgende ausgewählte Beispiele, die das breite Sammelspektrum der Sammlung Deutscher Drucke dokumentieren, werden in einer Ausstellung in der Schatzkammer der Bayerischen Staatsbibliothek München vom 18.9. bis 7.11.2014 gezeigt.

Modellbücher

Auch nach 25 Jahren gibt es immer noch ein Buch ...

Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

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Seiten aus dem Buch: Modelbuch Nehwens, Stickens, vnd Wirckens. Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

Modelbuch Nehwens, Stickens, vnd Wirckens. – [Frankfurt am Main] : Christian Egenolff d. Ä., Erben, [ca. 1555]. – [32] Blatt mit Holzschnitten, Titelholzschnitt von Hans Weiditz. Signatur: Xylogr. 87

Stick- und Spitzenmusterbücher als Vorlagenwerke für weibliche Handarbeiten erfreuten sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts großer Beliebtheit, haben sich jedoch als Gebrauchsliteratur nur selten erhalten.
Aus der Offizin der Erbengemeinschaft des Frankfurter Druckers Christian Egenolff des Älteren stammt dieses unikal vorliegende „Modelbuch Nehwens, Stickens, vnd Wirckens“. Christian Egenolff der Ältere (1502–1555) war zunächst ab 1529 in Straßburg tätig, bevor er sich 1531 in Frankfurt am Main niederließ und zu einem der produktivsten Drucker in allen Wissenschaftsgebieten seiner Zeit wurde. Nach seinem Tod führte seine Witwe, Margarethe Egenolff vermutlich mit ihrem Schwager, Lorenz Egenolff, das Unternehmen als „Christian Egenolffs Erben“ erfolgreich weiter.
Das ca. 1555 von den Erben veröffentlichte Stick- und Spitzenmusterbuch mit Vorlagen für weibliche Handarbeiten enthält 32 Blatt mit xylographischen Holzschnitten. Zum Teil in zarten Linien, zum Teil breitflächig gezeichnet oder in Schwarzschnitt, werden verschiedene Muster und Vorlagen für gestickte Borten und Ränder aufgeführt mit zahlreichen Ornamenten und vegetabilen und floralen Motiven, Ranken und Flechtwerk mit Blättern und Blüten, mit geometrischen und figürlichen Mustern oder mit Phantasieformen, Spruchbändern und Tierfiguren durchsetzt.

Spiele

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Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

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Seiten aus dem Buch: Thomas Murner : Doctor thomas Murners Narrenbeschweerung. Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

Thomas Murner : Doctor thomas Murners Narrenbeschweerung. – Straßburg : Johann Knobloch d. Ä., 1518. – [174] Blatt, Titelholzschnitt, zahlr. Holzschnitte. Signatur: Res/P.o.germ. 2093 r

Der Franziskanermönch Thomas Murner (1475–1537), einer der wichtigsten und wortgewaltigsten Gegner Luthers, wendet sich mit seiner in Reimpaaren verfassten Moralsatire gegen die vornehmlich mit Sebastians Brants „Narrenschiff“ hereinbrechende große Zahl an Narren: „Der Narren orden ist so groß, Das er füllt all weg und stroß, Dörffer, stett, flecken, landt. Die hat uns all sebastian brant, Mit bracht im narren schiff.“
Angereichert durch zahlreiche, der Bibel oder bekannten Schwanksammlungen entlehnter Sprichwörter und Redensarten schuf Murner ein eigenständiges Werk, das sich in seiner sprachlichen Schärfe und beißenden Kritik an der Gesellschaft und im Aufzeigen der Missstände deutlich von Brants Narrensatire abhebt.
Ausgehend von einer sprichwörtlichen Redensart resümiert ein Vierzeiler zu Beginn eines jeden Abschnitts die nachfolgende Kritik. Dabei werden nicht nur die Todsünden behandelt, sondern auch menschliche Laster und Torheiten in all ihren Ausprägungen aufgeführt.
Der vorliegende Holzschnitt zeigt einen Narren, der seine Würfel mit einem Hut zudeckt. Eine Erläuterung des betrügerischen Hütchenspiels, wie wir es heute noch mit der garantierten Aussicht auf Verlust der eigenen Barschaft vornehmlich von Tourismuszentren und Märkten kennen, darf in dem hier gezeigten Abschnitt „Under dem hietlin spilen“ keinesfalls erwartet werden. Vielmehr wendet sich Murner mit diesem Ausdruck, der heute als „ein verstecktes Spiel treiben“ gebräuchlich ist, gegen betrügerische und egoistische „Narren“, die aus Machtstreben und Geldgier eigene Interessen zum Nachteil der Mitmenschen durchsetzen und damit das Gemeinwohl und die Gesellschaft schädigen.

Mode

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Exponat der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

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Abbildung aus Taschen Kalender der neuesten Französisch und Englischen Moden Exponat der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

Taschen Kalender der neuesten [...] Moden für das Jahr 1798. - Frankfurt am Main : Johann Christian Berndt, [1797]. – [6], 12, [14] Bl., 68 S. Signatur: DD ZA 40

Der „Taschen Kalender der neuesten Französisch und Englischen Moden“ wurde von dem Frankfurter Drucker und Verleger Johann Christian Berndt (1748-1812) herausgegeben; ab 1796 erschien die Zeitschrift unter dem Titel „Taschen Kalender der neuesten Englisch und Deutschen Moden“, von 1799 bis 1807 wurde sie dann unter dem Titel „Taschen Kalender der neuesten Moden“ fortgeführt.

Die zierlichen Duodez-Bändchen enthalten aufwendig kolorierte Kupferstiche, die verschiedene aktuelle Modekreationen vorstellen. Jeder Abbildung ist ein beschreibender Text, die „Erklärung der Modekupfer“, zur Seite gestellt, in dem sämtliche Modeaccessoires detailliert beschrieben werden; zur hier gezeigten 2. Abbildung über die Herrenmode des Jahres 1798 heißt es beispielsweise: „Unsere jungen Herrn machen jetzt in ihrem Anzuge eine Zusammensetzung von Franzos- und Engländer. Von letztern tragen sie noch den völlig sackförmigen kurzen Frak, [...], knappe aber lange Bänderhose an einem Hosenträger hängend, den runden Huth, das nachläßige Haar, zuweilen eine Taschenuhr en Bandolier an einem schwarzen Bande über die Schultern gehängt, in der linken Billettasche; [...].“

Daneben finden sich in der Zeitschrift kurze (Liebes-)Geschichten, Lieder und Gedichte (z. B. „Antiochus und Stratonice. Romance“), Artikel über Wissenswertes aus aller Welt (z. B. „Von dem neuen Kalender der französ. Republik“ oder „Die Kaffeestaude"), sowie Ratschläge zur Körperpflege (z. B. „Vom Nutzen guter Zähne, und auf welche Weise solche zu erhalten“) – die Parallelen zu heutigen Modezeitschriften sind nicht von der Hand zu weisen.