GSB 7.1 Standardlösung

Leben, Lieben, Sterben

Folgende ausgewählte Beispiele, die das breite Sammelspektrum der Sammlung Deutscher Drucke dokumentieren, werden in einer Ausstellung in der Schatzkammer der Bayerischen Staatsbibliothek München vom 18.9. bis 7.11.2014 gezeigt.

Kindheit

Auch nach 25 Jahren gibt es immer noch ein Buch ...

Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

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Seiten aus dem Buch: Bartholomaeus Metlinger : Ein Regiment der gesuntheit Für die jungen Kinder. Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

Bartholomaeus Metlinger : Ein Regiment der gesuntheit Für die jungen Kinder. Wie sie nach der Geburt bey gesundem Leib erhalten, mit Essen, Trincken, Schlaffen, Baden etc. Von allerley zufelligen Kranckheiten So ihnen in der Kindtheit begegnen, erlediget sollen werden. - Frankfurt am Main : Hermann Gülfferich, 1550. – XXIII, [1] Blatt, zahlr. Holzschnitte. Signatur: Res/Path. 1546 m

Dieser Ratgeber zur Säuglingspflege des Augsburger Stadtarztes Bartholomaeus Metlinger (nach 1440–1491), „Gott zu lob vnd allen Eltern zu trost vnd heil“ verfasst, erschien zunächst 1473 als „Kinderbüchlein“ in Augsburg und gilt als erste gedruckte pädiatrische Schrift in deutscher Sprache. Das Werk erfreute sich großer Beliebtheit und wurde bis 1550 mehrfach nachgedruckt. Die hier vorliegende, äußerst seltene, verkürzte letzte Ausgabe des 16. Jahrhunderts behandelt in Versform und in mehreren Abschnitten das richtige Verhalten während der Schwangerschaft, die Pflege des Säuglings, die Wahl der geeigneten Amme, die Erziehung des Kleinkinds sowie Kinderkrankheiten und deren wirkungsvolle Behandlung. Abschließend folgt ein Verzeichnis mit den lateinischen Namen der in diesem Werk aufgeführten Kräuter. Auch praktische Tipps, wenn Kinder nicht schlafen wollen, werden den Eltern vermittelt, wobei über den Erfolg dieser Behandlung durchaus berechtigte Zweifel angebracht sein mögen: „Den saugenden Kindern fellt offt zu, das sie nicht schlaffen mögen, aus vnreinigkeit der Milch die sie saugen. Darumb nimb Violatöl mit eim wenig Essigs thu jm das offte in die naßlöcher.“

Hochzeit

Auch nach 25 Jahren gibt es immer noch ein Buch ...

Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

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Seiten aus dem Buch: Zu Ehren Der Hochzeitlichen Frewden des Edlen Ehrenvesten Wolbenambten George Loß von Dammer. Exponat der Bayerischen Staatsbibliothek München

Zu Ehren Der Hochzeitlichen Frewden des Edlen Ehrenvesten Wolbenambten George Loß von Dammer. So wol der Edlen viel Tugentreichen Frawen Johanna geborne Tschammern von GroßOsten auff der Niebe Gehalten den zwölfften tag Junij nach Christi Geburt im 1582. Jahr. - Nürnberg : Georg Endter, [ca. 1582]. – [47] Blatt, 12 altkolorierte Holzschnitte, Holzschnittbordüren. Signatur: Res/P.o.germ. 2106 n

Dieses Büchlein enthält die Predigt zur Trauung von George Loß auf Dammer und Osten (gest. 1617) und Johanna von Dschammer, der Erbin von Groß-Osten (Guhrau/Góra, Schlesien) sowie Ausführungen über den Stand der Ehe, um „unter der Rosenblumen art, eigenschaft der Eheleut Ampt zubeschreiben“. Verfasst wurde es der Vorrede zufolge von dem Pastor, der den Traugottesdienst abhielt und der in einer erweiterten Fassung „auff verstendiger Leute begerends ansuchen […] zween Brautkrentz jeden von viererley Tugentrosen zusammen geflochten zum Hochzeitlichen geschenk“ und zu Ehren des adeligen Brautpaars veröffentlichte. Angesichts der Erkenntnis, „Es sey gewis ein Ehrlich muth, Der sich in Ehstand setzen thut“, werden dem Brautpaar in Hinblick auf die ehelichen Aufgaben Ratschläge gegeben. So solle sich der Bräutigam als dankbar erweisen, bescheiden sein und seiner Frau, dem schwachen Geschlecht zugehörig, mit Verständnis und Nachsicht begegnen, mit Sorgfalt für den Unterhalt sorgen und in guten wie in schlechten Tagen seiner Frau in Treue zugetan sein. Die Braut hingegen solle „vernünftig“ sein, ihren Mann ehren und als Herrn im Haus anerkennen, keusch sein und „nicht frech vmb sich sehen, die augen wie ein Stosfalcke hin vnd her flattern lassen“, ebenso sanftmütig und freundlich, dem Mann zur Freude; dies alles basierend auf Gottesfurcht und in Liebe verbunden, „denn wo liebe da kein leid, Liebe machet alles Creutz leicht, durchzuckerts obs gleich noch mit so vil murren entzian verbitert“.

Sterben

Auch nach 25 Jahren gibt es immer noch ein Buch ...

Exponat der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

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Titelseite des Buches: Der einfältige Complimentarius. Exponat der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

[Anonym] : Der einfältige Complimentarius. Das ist: Kurtze Reden, welche bey Geburt, Gevatterschafften, Hochzeiten und Leichen [...] zu gebrauchen. - Altdorf : Ernst Friedrich Zobel, 1748. – [1] Bl., 118 S., [5] Bl. Signatur: DD97 A 238

„Der einfältige Complimentarius“ reiht sich ein in eine lange Reihe von Anstandsliteratur, die seit ihrem Aufkommen im Spätmittelalter gute Umgangsformen und allgemeine sozial- und individualethische Lehren und Grundsätze vermitteln wollte. Seit etwa 1650 entstand mit dem Typus des Komplimentierbuchs eine barocke Ausprägung der Anstandsliteratur, die Adelige und Gelehrte in die an den absolutistischen Fürstenhöfen ausgeübte Kunst der „Galanten Conduite“, also der höfischen Umgangsformen, einzuführen suchte. Im 18. Jahrhundert nahm die Gattung der Komplimentierbücher dann einen mehr und mehr aufklärerischen Charakter an und richtete sich zunehmend an bürgerliche Schichten, also Kaufleute, Handwerker und Künstler, denen durch diese Bücher die Möglichkeit gegeben werden sollte, Reden zu allen besonderen Anlässen des täglichen Lebens zur Verfügung zu stellen. „Der einfältige Complimentarius“ ist ein typischer Vertreter dieser Gattung; die enthaltenen Reden für besondere gesellschaftliche Gelegenheiten sind ausdrücklich nicht für „führnehme Persohnen, auch diejenigen, welche nur in Gedanken etwas seyn wollen“, verfasst, sondern richtet sich an die große Masse von „geringen Leuten, denen es mehrentheils an Unterweisung mangelt, wie sie sich in solchen Fällen bezeigen sollen.“ Neben Ansprachen zu Hochzeiten, Taufen oder Geburtstagen werden auch verschiedene Beileidsbekundungen vorgestellt, etwa „Das Leyd zu klagen, wenn jemand gestorben ist“ oder die korrekte Anrede „Bey einem jähen Todtesfall“. Es wird darin aber ebenso ein angemessener „Glückwunsch, wenn ein Kranker gesund worden [ist]“ mitgeteilt. Ihren Höhepunkt erreicht die abendländischen Anstands- und Komplimentierliteratur dann 1788 mit dem Erscheinen von Freiherr Adolph Knigges (1752–1796) Buch „Über den Umgang mit Menschen“, das bis zum heutigen Tag in unzähligen Auflagen herausgegeben wurde.